Event-Scores & xG-Trajektorien

In diesem Artikel fassen wir meine zentralen Erkenntnisse in Bezug zu Event-Scores im Fußball und xG-Trajektorien zusammen. Zunächst beleuchten wir, wie moderne Rating-Systeme wie SofaScore und WhoScored Spielerleistungen in Event-Scores quantifizieren und welche positiven und negativen Aktionen Punkten zu- oder abgezogen werden . Anschließend widmen wir uns der xG-Trajektorie, also der kumulativen Entwicklung von Expected Goals (xG) über Spielminuten, Spiele oder Saisons, und erläutern, warum xG ein kontinuierlicher Wahrscheinlichkeitswert und kein diskretes Punktesystem ist . Ich zeige typische xG-Bands zur Klassifikation von Torchancen, von „sehr geringe Chance“ bis „Big Chance“ und Erläutern, wie diese für Spielanalysen und Wettstrategien genutzt werden können . Abschließend gebe ich praktische Handlungsempfehlungen, wie Trainer, Analysten und Wettende die vorgestellten Konzepte zielgerichtet einsetzen, um leistungsorientierte Entscheidungen datenbasiert zu treffen.

1. Was sind Event-Scores im Fußball?

1.1 Grundlagen der Echtzeit-Ratings

Moderne Fußball-Analyseplattformen wie SofaScore und WhoScored bewerten Spieler während eines Matches in Echtzeit anhand einzelner Aktionen (Events) . Dabei startet jeder Spieler mit einem Basiswert (SofaScore: 6,0, WhoScored: 6,5) und sammelt für positive Events Punkte, für negative zieht er welche ab . Die Berechnung erfolgt in kurzen Intervallen (SofaScore alle 1,5 Minuten, WhoScored nahezu in Echtzeit basierend auf Opta-Daten) .

1.2 Relevante Events und Gewichtungen

Die Gewichtungen sind proprietär und nicht offiziell veröffentlicht, jedoch über Community-Quellen gut rekonstruiert. Beispielhafte positive Events bei SofaScore sind :

Tor: +1,0 P

Assist: +0,5 P

Big Chance Created: +0,7 P

Shot on Target: +0,3 P
Unter den negativen Events finden sich :

Own Goal: −1,0 P

Red Card: −1,5 P

Penalty Miss: −0,5 P

WhoScored ergänzt kontextsensitive Bonussysteme (z. B. Clean Sheet Bonus) und belohnt Defensivaktionen wie Interceptions mit höheren Werten für Abwehrspieler .

1.3 Stärken und Schwächen von Event-Scores

Stärken:
Schnelle, leicht verständliche Übersicht über Spielerleistungen in Echtzeit.
Ermöglichen Vergleiche zwischen Spielern und Positionen .
Schwächen:
Intransparente Gewichtungen, die zu Verzerrungen führen können.
Kontextspezifische Faktoren (Gegnerstärke, Taktik) fließen nicht immer vollständig ein .

2. Expected Goals (xG) als kontinuierlicher Wahrscheinlichkeitswert

2.1 Definition und Berechnung von xG

Expected Goals (xG) geben für jede Torchance eine Wahrscheinlichkeit zwischen 0 und 1 an, mit der diese Chance im Durchschnitt ein Tor ergibt . Modelle wie StatsBomb, Opta oder Understat nutzen historische Datensätze tausender Abschlüsse und Berücksichtigen Faktoren wie Distanz, Winkel, Drucksituationen, Vorlagen und Körperteil .

2.2 Warum kein diskretes Punktesystem?

Im Gegensatz zum Event-Score ist xG ein probabilistischer Wert, der direkt die Torwahrscheinlichkeit abbildet. Ein diskretes Punktesystem wäre willkürlich und würde den interpretativen Vorteil von Wahrscheinlichkeiten aufgeben .

3. xG-Trajektorien: Visualisierung und Interpretation

3.1 Kumulative xG-Kurven im Spiel

Spielbezogene xG-Trajektorien koppeln kumulierte xG-Werte an die Spielminute und machen so Dominanzphasen und Momentum-Swings sichtbar . Steile Anstiege in der Kurve signalisieren intensive Offensivphasen, während flache Abschnitte defensive Stabilität andeuten.

3.2 Saison- und Karriere-Trajektorien

Auf Saisonebene kann man kumulierte xG-Werte oder rollierende Fenster (z. B. 5-Spiele-Durchschnitt) darstellen, um Formkurven zu identifizieren:

Hot Streaks: Überdurchschnittlicher xG-Zuwachs über mehrere Spiele.

Droughts: Phasen mit niedrigem xG-Ertrag .

Karriereanalysen ermöglichen die Erkennung von Peak-Zeiten, wie etwa bei Kevin De Bruyne, dessen kumuliertes Saison-xG zwischen 2015 und 2022 von etwa 8,5 auf über 15 anstieg .

4. Klassifikation von Torchancen: xG-Bands

Obwohl xG kontinuierlich ist, lassen sich typische Qualitäts-Bands für Abschlüsse definieren, um Chancen qualitativ zu klassifizieren :

Kategorie xG-Bereich Beispiel Quelle
Sehr geringe Chance 0,00 – 0,05 Distanzschuss, ungünstiger Winkel BeastModeSoccer
Geringe Chance 0,05 – 0,10 Fernschuss mit wenig Druck BeastModeSoccer
Mittlere Chance 0,10 – 0,20 Abschluss aus Strafraummitte Hudl StatsBomb
Hohe Chance 0,20 – 0,38 Nahdistanz, guter Winkel Opta Analyst
Big Chance ≥ 0,38 Eins-gegen-eins im Strafraum SportMonks
Strafstoß ≈ 0,79 Standard-Elfmeter SportMonks

Ein Abschluss mit xG = 0,20 bedeutet demnach eine durchschnittliche 20 %-Chance auf einen Treffer .

5. Praktische Anwendungen und Wettstrategien

5.1 Taktische Analysen
Trainer und Analysten nutzen xG-Trajektorien, um:

Spielphasen mit hoher Torchancenqualität zu identifizieren.

Taktische Umstellungen zu bewerten (z. B. Formation vs. Gegenpressing).

Live-Dashboards in Tools wie Tableau oder Power BI unterstützen diese Analysen in Echtzeit .

5.2 Scouting und Recruiting

Langfristige xG-Trajektorien helfen Scouts, die Chance-Generierung von Spielern unabhängig von Teamstärke zu vergleichen und Talente zu identifizieren, die konstant hochwertige Chancen kreieren .

5.3 Wettstrategien

Wettende beobachten xG-Abweichungen („xG-Over/Under-Effizienz“) zwischen xG und tatsächlichen Toren, um Value Bets zu finden:

Über-Performance (mehr Tore als xG) kann regressiv sein.

Unter-Performance (weniger Tore als xG) birgt Wendungspotential .

6. Methodische Herausforderungen und Empfehlungen

6.1 Inkonsistenzen zwischen Anbietern

Unterschiedliche Modelle (Opta, StatsBomb, Understat) liefern leicht variierende xG-Werte. Für valide Trajektorien daher immer dasselbe Modell nutzen .

6.2 Kontextuelle Einflüsse

Faktoren wie Gegnerstärke, Wetter oder Spieltempo können xG verzerren, wenn sie nicht berücksichtigt werden. Empfohlen ist die Nutzung erweiterter Metriken (xA, xT) und defensiver Kennzahlen in Kombination .

7. Ausblick: Dynamische xG-Prognosen mit KI

Aktuelle Forschung integriert Transformer-Modelle, um Matchverläufe als Zeitreihen zu verarbeiten und dynamische xG-Prognosen zu erstellen. Dies könnte zukünftig Spielverläufe präziser vorhersagen und Live-Taktiken noch besser unterstützen .

Schlussfolgerung

Die Kombination aus Event-Scores und xG-Trajektorien ermöglicht eine facettenreiche, datenbasierte Spielanalyse. Während Event-Scores einen schnellen Überblick über Spielerleistungen bieten, erlauben xG-Trajektorien tiefgehende Einblicke in Chancenqualität und Momentum. Für Trainer, Analysten und Wettende ergeben sich so vielseitige Möglichkeiten, taktische Entscheidungen, Spielerauswahl und Wetteinsätze evidenzbasiert zu optimieren.

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